Das "Alte Bauernhaus" in Auersmacher
Im "Alten Bauernhaus" in der St.-Barbara-Straße 15, im Volksmund in Auersmacher "Hans-Järre-Haus" genannt, wurde bis 1967 Landwirtschaft betrieben.
Anfang der 90er Jahre hat der Heimat- und Verkehrsverein das Haus erwoben und der Gemeinde Kleinblittersdorf verkauft. In der Folge hat die Gemeinde Kleinblittersdorf die Nutzungsrechte dem Förderkreis "Heimatmuseum und Dorfgeschichte" übertragen. Auf Initiative des Förderkreises wurde das "Alte Bauernhaus" in Abstimmung mit den Denkmalbehörden sukzessive denkmalgerecht instand gesetzt und als Begegnungs- und Veranstaltungsort in Auersmacher genutzt.
Die St. Barabra-Straße - Straßenraum mit historisch gewachsendem dörflichen Flair
Die St. Barabra-Straße, in der Region auch das "Kirchegass" bekannt, bildet das Zentrum von Auersmacher und prägt die gewachsende dörfliche Struktur. Die unmittelbar gegenüber dem "Alten Bauernhaus" gelegene, 1843-44 erbaute katholische Kirche bildet mit dem benachbarten Pfarrhaus, Bauernhaus und Scheunentrakt einen Straßenzug mit ortbildprägenden Charakter. Der typische Gestaltungsplan der Fassaden mit seinen im ländlichen Raum bewährten Bau- und Gestaltungsformen ist an den flankierenden, überwiegend landwirtschaftlich geprägten Gebäuden noch ohne Weiteres ablesbar und verleiht eine authentische dörfliche Atmosphäre.
Die Bau- und Familiengesichte des "Alten Bauernhauses"
Die exakte Datierung des heute noch erhaltenden Wohnteils des Bauernhauses mit Durchfahrt ist nachrichtlich nicht überliefert. Sowohl die Architekturanalyse als auch die Familiengeschichte lassen jedoch eine Datierung um die Mitte des 18. Jahrhunderts zu. Nachrichtliche Überlieferungen der ehemaligen Bewohner des Bauernhauses Irmgard Brach, geb. Nickels und Hermann Nickels sowie durch die Nachbarin Agathe Bruch gaben zudem detaillierte Auskunft über die Baugeschichte und das Erscheinungsbild der Bebäude im letzten Jahrhundert. Nach einem Brand 1910 wurde demnach das am Ende des Hofs gelegende Wirtschaftsgebäude im regionaltypischen Stil der Zeit wieder aufgebaut. In den 1920-er Jahren erhielt die Straßenfassade einen neuen Putz sowie aufgeputzte Fenster, Tür und Torgewände. Erst in den 1970er Jahren wurde das Wirtschaftsgebäude zu Wohnzwecken stark verändert.
Familiengeschichte bis in 16. Jahrhundert
Der Nachweis der Familie Nickles ist über Kirchenbücher und Tabellionsakten bis ins 16. Jahrhundert zurück belegt. Sie zählt damit zu den ältesten Familien in Auersmacher. Irmgard Brach geb. Nickles und der Landwirt Hermann Nickles als ehemalige Bewohner des "Alten Bauernhauses" werden von der älteren Generation in Auersmacher heute immer noch als die "Hans-Järre" bezeichnet, was man im Hochdeutschen mit Hans Georg bzw. Johann Georg übersetzen kann. Wie bereits erwähnt, nennt man das Haus "Hans-Järre"-Haus.
Tatsächlich taucht auch auch in der Familiengeschichte der am 27. April 1743 geborene und 1801 gestorbene Ackerer Johann Georg Nickles auf, der zeitweise auch das Amt des Kircheneinnehmers bekleidete.
Dieser Johann Georg ist in direkter Linie über seinen 1785 geborenen Sohn Georg, seinen im Jahre 1816 geborenen Enkel Johann, der zusammen mit seiner Frau Maria Wagner auch Stifter des Wegekreuzes an der Landstraße nach Sitterswald ist, Urgroßvater des Johann Nickles, der am 14. Dezember 1848 das Licht der Welt erblickte. Nach mündlicher Überlieferung von Cilli Jacobi aus Auersmacher hat dieser das Haus mit Gewissheit bewohnt.
Dieser Johann Nickles war Bruder der am 3. Febraur 1841 geborenen Maria, die im Jahre 1863 den Ackerer Peter Nickles heiratete. Auch der Bräutigam war ein Urenkel des "Hans-Järre", so dass sich der Kreis letztlich schließt. Aus der Ehe von Maria und Peter Nickles ging am 29. Juni 1869 geborene Johann Peter hervor, Großvater der oben bereits genannten Irmgard Brach und Hermann Nickles.
Offensichtlich haben im Zeitalter der Großfamilien Mitte des 19. Jahrhunderts zwei Familien, nämlich die Familie des Johann Nickles und die des Johann Peter Nickles, das Haus bewohnt und belegen damit eine lückenlose Familiengeschichte im "Alten Bauernhaus". Mehr als ein Indiz ist es daher, dass das "Alte Bauernhaus" zu Lebzeiten von Johann Georg und Georg Nickles, als Mitte des 18. Jahrhunderts, geplant und erbaut wurde. Eine Fotografie aus den 1920er Jahren zeigt die Familie des 1901 geborenen Johann Nickles, seines Zeichen "Ackerer", mit seiner Familie.
Baubeschreibung
Die Familiengeschichte legt nahe, dass das "Alte Bauernhaus" etwa in der Mitte des 18. Jahrhunderts in seinem heutigen Erscheinungsbild errichtet wurde. Dafür sprechen auch die architektonische Ausführung und die Gestaltung vieler Gewerke des Bauwerks.
Die im Jahr 1786 erstellten Grenzbeschreibungen über den Bann Auersmacher lassen vermuten, dass dem Erbauer nur eine vorgegeben, vermutlich schlauchartige Parzelle für den Bau des Bauernhauses zur Verfügung stand (Zeilenbeabuung nach lothringischer Art).
Diese Enge und möglicherweise die Einbeziehung der Rese eines Vorgängerhauses war eine Herausforderung für die Erbauer und verlange geschickte Lösungen, um den landwirtschaftlichen Funktionsablauf zu gewährleisten. Im Gegensatz zu den klasssichen Quereinhäusern ist das "Alte Bauernhaus" deshalb in zwei Baukörper - Wohngebäude und Wirtschaftsgebäude - in die Tiefe gegliedert und hatte damit einen ganz eigenen Charakter.
Die Fassaden
Die zur St. Barabra-Straße ausgerichtete Hauptfassade des Vordergebäudes präsentiert sich als eingeschossiger verputzter Bruchsteinbau mit traufständigem Statteldach und roter Biberschwanzeindeckung. Das Gebäude gliedert sich in vier Fensterachsen. In der dritten Fensterachse von links des Erdgeschosses befindet sich die Tordurchfahrt zum dahinter liegenden Wirtschaftsgebäude. Etwas unterhalb der zweiten Fensterreihe führte eine Treppe durch einen rundbogigen Eingang nach unten zum Keller. Alle Fenster sowie die Zugänge zum Haus und Keller sind mit Sandsteingewänden ausgesattet. Die Sohlbänke der Fenster gliedern horizontal durchlaufend die Straßenfassade.
Die Vor- und Rückfassade wird durch ein Traufbett betont. Spiegelbildlich zur Straßenfassade mündet die Tordurchfahrt an der Rückfassade, wird jedoch anstelle des Torbogens aus Sandstein lediglich mit einem Eichenbalken überspannt. Unmittelbar daneben befindet sich der hofseitige Zugang. Ursprünglich entsprach die Fensteranordnung an der Rückfassade der an der Straßenfassade. An der Rückseite hat der Förderkreis einen zeitgenössischen Anbeu zugefügt, der heute Toiletten und eine Küche beherbert.
Die Innenausstattung
Das Erdgeschoss wird durch einen durchlaufenden Hausflur zur Rückseite hin erschlossen. Vom Flur zweigt links der Zugang zur Wohnstube ab. Ein Stück weiter, unmittelbar vor der hölzernen Treppe, die zum Obergeschoss führt, zweigt der Eingang zur Küche ab.
Die Wohnstube mit einer Dimensionierung von etwa 3,50 x 4m wird von einem mächtigen profilierten Eichenbanken überspannt. Während der Sanierung sind an der Wand der Wohnstube zum Nachbargeäbude hin sowohl eine Konsole als auch Schablonenmalereien entdeckt worden, die möglicheweise in die Entstehungszeit datieren. Ursprünglich war diese Wandseite im oberen Bereich zur Decke hin schildbogenartig mit Kalksteinen ausgesteift. In den dadurch entsthenden Nischen war die Wand verputzt und entsprechend mit Dekorationsmalerei versehen. Später wurde diese Wandnische aus statischen Gründen mit Mauerwerk ausgefüllt.
Die Decken des gesamten Gebäudes waren ursprünglich als Stroh-/Lehmwickeldecken ausgeführt, die heute zum überwiegenden Teil noch vorhanden und erkennbar sind. Die hölzernen sehr qualitätsvoll ausgeführten Fenster stammen aus der Jahrhundertwende und waren wohl ursprünglich zweiflüglig mit jeweils zwei Sprossen je Flügel ausgeführt. Zur Küche bestand urspünglich kein Durchgang. Reste einer Sandsteinumrandung deuten darauf hin, dass hier eine Art Durchreiche zur Küche vorhanden war. Vor der daneben angesiedelten größeren Mauerwerksnische war urspünglich ein Wandschrank vorgeblendet.
Die Küche
Dicke schwarze Rauchspuren, die heute hinter dem Putz verborgen sind und sich im Dachstuhl fortsetzen, lassen auf eine erdfeuerstelle mit großem Rauchfang, den so genannten Harst, wie er auch im Saarland im 18. Jahrhundert durchaus üblich war, schließen. Ähnlich wie beu den Lothringer Häusern war ein Backofen mit Feueröffnung zur Küche von außen zur Hofseite angeschuht. Dies belegen auch die Überlieferungen der Nachfahren.
Der Schlafstuben und der Speicher
Im Obergeschoss sind viel Schlafstuben vorhanden, die ebenfalls mit sichtbaren Deckenbanken überspannt sind. Ein besonderer Hinweis verdient ein original vorhandener Wandschrank in qualitäsvoll zeitgenössischer Ausführung aus Obstholz. Über eine hölzerne Stiege gelangt man zum Speicher mit seinem Dachstuhl aus Eichenholz. Nach Überlieferungen von Irmgard Nickles wurde auch dieser Speicher wohl aus Platzgründen zur Fruchaufbewahrung genutzt. Außer dem gefliesten Flur waren sämtliche Böden des Hauses mit Holzdielen ausgeführt.
Der Keller
Der Wohntrakt des Gebäudes ist mit einem von der Straßenfassade zugänglichen, tonnengewölbten Keller versehen, der auch einen Zugang ins Hausinnere unterhalb der Treppe hatte. Der Boden war im Keller ursprünglich mit gestampftem Lehmboden belegt.
Die ehemaligen Wirtschaftsgebäude
Wie bereits erwähnt, sind die urspünglichen Wirtschaftsgebäude in den 1970er Jahren zum Teil abgebrochen bzw. stark verändert worden. Mit den wertvollen Informationen von Irmgard Brach und ihrem Bruder Hermann Nickles ist es gelungen, den Werdegang sowie das nahezu exakte Erscheinungsbild der Wirtschaftsgebäude, wie sie sich noch im Verlauf des letzten Jahrhunderts präsentiert haben, zu rekonstruieren. Der Künstler und Bauerhausexperte Axel C. Gross hat das Ergebnis der Schilderungen zeichnerisch dargestellt.
Demnach ist das aus der Entsehungszeit und in seiner gestalterischen Ausführung dem Vordergebäude entsprechende Wirtschaftsgbäude 1910 einem Brand zum Opfer gefallen. Auf dem Grundriss bzw. mit Resten dieses Vorgängerbaus hat Familie Johann Nickles das Gebäude wim Stil der Bauernhausarchitektur der Jahrhundertwende wieder aufgebaut. An der Zuordnung der Raumnutzung wurde dabei nichts verändert. Die Scheuneneinfahrt befand sich in der Verlängerung der Toreinfahrt des Vordergebäudes und verfügte im Inneren über eine hölzerne Dreschvorrichtung mit Göpelantrieb. Daneben mit vorgelagerter Mistkaue befanden sich die Stallungen mit darüber liegender Scheune. Flankierend zum linken Nachbarn waren ebenfalls Wirtschaftsgeböude für Kleinvieh zum Wohngebäude hin angesiedelt.
Die Auswertung der nun erhaltenen Informationen sowie die Vergleiche zu anderen zeitgenössischen Wirtschaftsgebäuden lassen es zu, das ursprüngliche Erscheinungsbild des Wirtschaftstraktes im 18. Jahrhundert entsprechend der Zeihnung von Axel C. Gross darzustellen.
Denkmalwert (Instandsetzungskonzept)
Mit der anvisierten neuen Nutzung als Begegenungs- und Veranstaltungsort haben die Denkmalbehörden gemeinsam mit dem Förderkreis für Heimatmuseum und Dorfgeschichte e.V. ein denkmalgerechtes Erhaltungs- und Instandsetzungskonzept für dieses Bauernhaus entwickelt, welches in hohem Maße den Wert des Gebäudes berücksichtigt. Der spezifische Denkmalwert dieses ehemaligen Bauernhauses ist insbesondere in der Bauaufgabe eines saarländischen Bauernhauses in der Architekturauffassung um die Mitte des 18. Jahrhunderts zu sehen.
Viele der charakteristischen wie individuellen Merkmae dieses Bauernhauses sowohl im Innenbereich als auch an den Außßenfassaden wurden originalgetreu nach den Befunden instand gesetzt bzw. konserviert, um den Zeitgeist deses Kulturdenkmals zu dokumentieren.